FIRST STEPS Award
Der Nachwuchspreis First Steps fördert ambitionierte Filmemacher und erleichtert ihnen die ersten Schritte in den Beruf.
»GEHT RAUS UND DREHT FILME«
Mit seinem Kurzfilm „Sadakat“ hat Ilker Çatak diverse Preise abgeräumt — den Student Academy Award in der Kategorie bester ausländischer Film durfte er 2015 in Los Angeles abholen. FIRST STEPS bleibt für den Regisseur dennoch der wichtigste deutsche Nachwuchspreis.
Es ist nicht schwer, heutzutage einen Film zu drehen, denn die technischen Möglichkeiten stehen fast jedem zur Verfügung. Viele junge Leute machen Filme und es hilft sehr, wenn ein Preis wie FIRST STEPS ein Spotlight auf dich wirft. Als ich „Sadakat“, meinen Abschlussfilm an der Hamburg Media School, gedreht habe, hätte ich mir nie träumen lassen, dass er so erfolgreich wird. Wir haben in Deutschland vier Nachwuchspreise gewonnen und durch den Studenten-Oscar international viel Aufmerksamkeit erhalten.
FIRST STEPS ist wahrscheinlich der wichtigste deutsche Nachwuchspreis. Die Kategorie NO FEAR beispielsweise belohnt Mut und fördert Innovationen. Das ist toll. Der Preis ist auch ein Türöffner und der Schlüssel zu einem enormen Netzwerk. Ich wurde unter anderem durch FIRST STEPS in die Filmakademie aufgenommen – das ist viel Wert. Auch das Preisgeld spielt eine Rolle, weil es Freiraum für Kreativität schafft, wenn man sich keine Sorgen um die nächste Miete machen muss. Außerdem haben es mir die Anerkennung und Aufmerksamkeit ermöglicht, einen neuen Stoff zu realisieren, den sonst in Deutschland nur die Wenigsten gefördert hätten. Die Romanadaption „Es war einmal Indianerland“, die wir gerade drehen, ist ein Wagnis, für das ich viel Unterstützung bekomme. Die Auszeichnungen für „Sadakat“ haben den Weg dafür bereitet. Ich freue mich, dass viele Menschen diesen Film auf dem Schirm haben.
„Sadakat“ – türkisch für „Treue“ – handelt von einer jungen Frau, die einen Demonstranten vor der Polizei versteckt und dadurch selbst ins Visier der Staatsmacht gerät. Er erzählt die Geschichte eines menschlichen Dilemmas, das auch meinen persönlichen Background berührt. Ich habe Familie in Istanbul. Als die Gezi-Proteste stattfanden, haben wir lange darüber diskutiert und es gab einen Punkt, an dem wir nicht mehr weiterkamen. Die gesellschaftliche Spaltung, von der der Film erzählt, habe ich selbst erfahren.
Wenn ich heute selbst Studenten unterrichte, sage ich ihnen: „Leute, schnappt euch eine Kamera, geht raus und dreht Filme!“ Sie müssen technisch nicht perfekt sein, aber sie müssen eine Geschichte erzählen. Ich will eine Haltung sehen, die aufrichtig ist und authentisch, die emotional und kein verkopftes Ding ist, das sich hinter aufgesetzter Coolheit versteckt. Solche inhaltlich ambitionierten Stoffe kosten Mut und FIRST STEPS ist einer der Preise, die diesen Mut belohnen. <
»ANGST IST WICHTIG FÜR DEN KREATIVEN PROZESS«
Patrick Vollrath hat für „Alles wird gut“ einen FIRST STEPS Award in der Kategorie Mittellanger Spielfilm gewonnen. Seine Abschlussarbeit an der Filmakademie Wien ist ohne Drehbuch entstanden. Das Drama, in dem ein Vater sein Kind entführt, bekam einen Student Academy Award und war sogar für den Oscar nominiert.
Ich weiß nicht, ob Preise die Kreativität fördern können, denn die kreative Leistung kommt ja vor der Auszeichnung. In jedem Fall ist FIRST STEPS ein wichtiger Gewinn. Zahlreiche Kontakte sind darüber entstanden, viele Produktionsfirmen haben sich bei mir gemeldet. Die Leute gehen nach einer solchen Auszeichnung anders mit einem um, aber auch das Vertrauen in die eigene Arbeit wächst. Plötzlich stellt man fest, dass das, was man macht, vielleicht doch nicht die schlechteste Idee war und das ist ein sehr gutes Gefühl.
Für mich war „Alles wird gut“ der erste Film, bei dem ich nach dem Studium genau das gemacht habe, was ich wollte, ohne auf andere zu hören. Umso schöner ist es, wenn man dann eine Auszeichnung dafür bekommt. Damit will ich nicht sagen, dass es schlecht ist, auf andere zu hören und von anderen zu lernen. Im Gegenteil! Der Kopierprozess ist im Laufe der persönlichen Entwicklung sehr wichtig. Wenn man grundlegende Dinge lernt, die andere schon richtig gemacht haben, entwickelt sich die eigene Sprache irgendwann automatisch. Der Weg dorthin ist schwierig, aber Angst und Unsicherheit sind gut für den kreativen Prozess.
Wir können in Deutschland und Österreich sehr glücklich sein, denn hier wird im weltweiten Vergleich schon sehr viel für die Nachwuchsförderung getan. Ich denke aber, mehr Risikofreude würde sich auszahlen. Vielleicht werden von zehn Arbeiten acht nichts, dafür aber zwei ganz herausragend.
Es wäre schön, wenn es eine größere Bereitschaft gäbe, Neues auszuprobieren, schwierige Stoffe und andere Herangehensweisen zu fördern. Bei „Alles wird gut“ zum Beispiel gab es ein Treatment, aber kein Drehbuch. Wir haben die Schauspieler die Szenen entdecken und ihre eigene Sprache finden lassen. Wäre das kein Studentenfilm, sondern ein ganz normales Projekt gewesen, hätten sich viele mit der Unterstützung schwer getan. Ich bin sicher, mehr Mut bei der Arbeit mit jungen Leuten würde sich lohnen. <
FIRST STEPS
Der Nachwuchspreis wird seit dem Jahr 2000 für herausragende Abschlussfilme an Studentinnen und Studenten der Filmschulen in den deutschsprachigen Ländern verliehen. Mit Preisgeldern von jährlich 92.000 Euro fördert FIRST STEPS das kreative Potenzial ambitionierter Filmemacher und erleichtert die „ersten Schritte“ in den Beruf.
Der Preis wurde als private Initiative der Filmwirtschaft von den Produzenten Bernd Eichinger und Nico Hofmann ins Leben gerufen. Er wird von der Deutschen Filmakademie in Partnerschaft mit Mercedes-Benz, ProSiebenSat.1 TV Deutschland, UFA und Warner Bros. veranstaltet. FIRST STEPS vergibt Auszeichnungen für die Regie von Filmen unterschiedlicher Länge und Ausrichtung, einen Kamerapreis sowie einen Ehrenpreis für besondere Verdienste um den Nachwuchs. Seit 2012 wird zudem der NO FEAR Award an Produktions-Absolventen verliehen, die besonderen Mut bei der Umsetzung schwieriger Stoffe bewiesen haben.