Keine Zeit für Langeweile
Mit den Erlösen des RED NOSE DAY unterstützt ProSiebenSat.1 seit über zehn Jahren soziale Einrichtungen wie das Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“. 2015 wurde mit Hilfe der Spendengelder ein neues Haus in Berlin Treptow eröffnet, in dem Kinder und Jugendliche ein zweites Zuhause finden.
Der Aufkleber will einfach nicht so, wie Felix möchte. Schon seit einer halben Stunde dekorieren er und sein Freund Marcel geduldig Marmeladengläser. Doch irgendwie sitzt der bunte Streifen immer etwas schief. Felix wickelt jetzt lieber farbige Drähte um die Gläser und verknotet sie. Die beiden haben noch eine Menge Arbeit vor sich. Nächste Woche wollen sie in der Arche Marmelade kochen, da muss ein großer Vorrat an schön gestalteten Behältern her.
Seine Nachmittage verbringt Felix am liebsten in der Arche. Drei Mal pro Woche — immer, wenn geöffnet ist — kommt der Elfjährige vorbei. „Hier kann man voll viel machen, basteln, spielen, grillen oder auch Hausaufgaben“, erzählt Felix.
An dem langen Tisch haben auch andere Kinder ihre Materialien ausgebreitet. Sie basteln, malen und lösen Rätsel. In der offenen Küche schmieren Betreuerinnen Brötchen für den Nachmittagsimbiss und stellen Getränke bereit. Im Nachbarraum haben es sich Felix’ Halbschwester Jenny und ihre Freundin Leyla auf einem Sofa gemütlich gemacht. Sie quatschen und beobachten andere Kinder beim Billard- und Tischkickerspielen.
Manche Kinder haben 50 Euro in der Tasche, aber es kümmert sich keiner um sie
Die Treffpunkte der Arche befinden sich oft in Problemvierteln. Doch diesen Eindruck hat man hier im Berliner Südosten nicht. Das Treptower Neubaugebiet wirkt sehr grün und gepflegt. Die Häuser sind saniert, neue Wohnungen entstehen gerade. Auch die Kinder machen keinen vernachlässigten Eindruck. „Armut ist nicht nur ein finanzielles Problem. Es gibt auch emotionale Armut. Manche Kinder haben 50 Euro in der Tasche, aber keiner kümmert sich um sie“, sagt Arche-Gründer Bernd Siggelkow.
Der Pastor wuchs selbst ohne Mutter auf und weiß, wie es ist, wenn wenig Zeit für Kinder da ist: „Bei uns drehte sich alles nur um den Existenzkampf.“ Ihm sei schon relativ früh klar gewesen, dass Kinder Menschen brauchen, die sie fördern, wenn dies zu Hause niemand tut. Das Betreuungssystem in Deutschland böte zwar Beschäftigung. „Programme sind aber nicht der Schlüssel zum Herzen der Kinder. Die erreicht man nur über Liebe und Beziehungen“, so Siggelkow.
DIE ARCHE
20
Standorte in 11 Städten
Berlin [6], Düsseldorf [2], Frankfurt am Main [3], Göttingen [1],
Gransee-Schulzendorf [1], Hamburg [2], Köln [1], Leipzig [1],
Meißen [1], München [1], Potsdam [1]
4.000
Kinder werden täglich betreut
Quelle: Die Arche
Felix und Jenny kommen aus einer Patchwork-Familie. Er spricht von neun, seine Halbschwester von elf Geschwistern. Je nachdem, welche Ex-Beziehungen der Eltern man mitzählt, ergeben sich die unterschiedlichen Angaben. Das klingt kompliziert. Doch die vielen Geschwister scheinen für die beiden kein Problem zu sein. „Nur wenn alle fernsehen wollen, ist es manchmal nervig“, sagt Felix. Seine Eltern sind zu Hause, aber viel Zeit haben sie Felix zufolge trotzdem nicht, da sie sich um die jüngste, einjährige Schwester kümmern.
Früher habe er viel auf seinem Handy gespielt. Doch in der Arche gehe das nun nicht mehr so oft. Ab 16.30 Uhr sei Handyspielverbot, erzählt Felix, der das Interesse ohnehin verloren habe: „Es ist sinnlos, ständig irgendwelchen Punkten hinterherzurennen“, sagt er. Den Arche-Betreuern ist wichtig, dass die Mädchen und Jungen nach und nach lernen, sich an Regeln zu halten. „Manche Kinder kennen das von zu Hause nicht“, erklärt Leiterin Martina Kuschmann. In der Arche funktioniere das Prinzip. „Es begeistert mich, wenn die Kinder von ganz allein ihre Handys weglegen und Gesellschaftsspiele spielen“, sagt die gelernte Erzieherin.
Mittwochs sind die Eltern zum Austausch mit den Erziehern eingeladen
Draußen auf dem benachbarten Spielplatz toben dutzende weitere Kinder. Einige Eltern sind dazugekommen: Der Stiefvater von Felix hilft der jüngsten Tochter bei ersten Kletterübungen, Mütter trinken auf einer Bank Kaffee und in der Arche selbst spielt eine Mama mit ihrem Sohn Billard. Mittwochs sind auch die Eltern eingeladen. Sie können mitbasteln, in der Küche helfen oder sich auch Rat holen, wenn sie Probleme haben.
„Wir wollen die Familien unterstützen, Beratung und moralischen Beistand leisten. Gerade da, wo Frauen mehrere Kinder haben und sich auch allein gelassen fühlen“, erläutert Siggelkow. Mütter wie Ramona Wegener wissen das zu schätzen. Die 35-Jährige schickt ihre drei Kinder schon seit Jahren und kommt auch jede Woche selbst her. „Wir verstehen uns untereinander. Man hat hier immer ein offenes Ohr“, sagt die Alleinerziehende.
Probleme werden eher nebenbei und unbürokratisch gelöst. Es sei nicht so, dass da ein Sozialarbeiter sitze, dem man sich ausschütten könne, erklärt Siggelkow. Die Arche sei familiär und die Arbeit laufe auf Beziehungsbasis: „Da spricht eine Freundin mit einer Freundin.“
So etwas wie eine langjährige Freundin ist für viele hier auch Olga Pritzkau. Schon lange bevor die Arche die Trägerschaft hatte, bot die Pastorenfrau im Gemeindezentrum der Evangelischen Freikirche einmal wöchentlich Kinder- und Jugendarbeit an. Im Oktober 2015 übernahm die Arche diese Arbeit und baute sie aus. Olga, wie alle sie nur nennen, ist weiterhin dabei. „Ich will den Kindern vermitteln, dass sie wertvoll sind“, sagt sie. Dass sie nun noch öfter für ihre Schützlinge da sein könne, freue sie total.
Aus Sicht von Mutter Ramona Wegener ist die Arche das Beste für die Kinder: „Hier sind sie sicher und machen keinen Blödsinn.“ Ihre Tochter Leyla und Jenny sind unzertrennliche Freundinnen geworden. Die 15-Jährigen sind die Ältesten unter den Arche-Kindern und so oft wie möglich hier. „Wir sind eine große Gemeinschaft“, sind sich die beiden einig. Und die Gemeinschaft wächst. Bis zu 55 Kinder und 20 Eltern kommen laut Kuschmann regelmäßig. Zur monatlichen Kinderparty sind es noch mehr.
In Berlin ist die Arche an sechs Standorten präsent. Siggelkow will das Angebot für die Kinder, die aus seiner Sicht oft sehr isoliert in der Stadt leben, erweitern. In einem brandenburgischen Dorf baut die Arche eine Kinder-Ranch auf, wo die Mädchen und Jungen das Landleben kennen lernen sollen. „Hier können sie nicht nur Tiere streicheln, sondern sie auch pflegen und füttern und dadurch lernen, Verantwortung zu übernehmen“, betont Siggelkow.
Später Nachmittag, der Arche-Tag ist fast vorbei. Am Basteltisch und in der Küche laufen die Aufräumarbeiten. Felix und Marcel haben ihr Gläserprojekt für heute erfolgreich beendet. Die letzten Brötchen finden noch Abnehmer. Morgen ist ein neuer Arche-Tag. <
Die Arche
Der Pastor Bernd Siggelkow gründete 1995 in Berlin-Hellersdorf das Kinder- und Jugendwerk die Arche, um Kinder von der Straße zu holen und ihnen sinnvolle Freizeitmöglichkeiten zu bieten. Inzwischen gibt es deutschlandweit 20 Standorte, in denen überwiegend freiwillige Helfer für etwa 4.000 Kinder und Jugendliche da sind. Sie wollen ihnen Selbstwertgefühl und soziale Kompetenzen vermitteln, ihre Potenziale fördern und den Bildungshorizont erweitern. Die Arche finanziert sich aus Spenden.
RED NOSE DAY
„Gut gelaunt Gutes tun“ – unter diesem Motto sammelt ProSieben seit 2003 Spenden für Kinder in Not. Inzwischen sind – auch mit Hilfe vieler Prominenter – über zwölf Millionen Euro zusammengekommen.
Zu den geförderten Initiativen zählen verschiedene Arche-Standorte, ein Kinderheim der „Off Road Kids“ und ein Fußball-Internat auf Haiti, das nach der Erdbebenkatastrophe 2010 entstand. Auch syrische Flüchtlingslager konnten bereits unterstützt werden. Dort entstanden provisorische Schulen und kinderfreundliche Räume. Während das Geld in den vergangenen Jahren jeweils auf verschiedene Projekte verteilt wurde, kamen 2015 erstmals die gesamten Spenden allein einem Projekt zugute — der Arche in Berlin-Treptow. Dank 133.000 Euro konnte der Standort im Oktober eröffnet werden. In diesem Jahr wurde beim RED NOSE DAY Geld für die Arche-Kinder-Ranch in Schulzendorf in Brandenburg gesammelt. Auf diesem Bauernhof sollen Kinder und Familien Tiere und Natur hautnah erleben können.
Der RED NOSE DAY hat sich von einem eintägigen Comedy-Event zu einer mehrwöchigen Spenden-Aktion entwickelt. Da die Aktionen von den Mitarbeitern des Senders organisiert werden, können die Spenden eins zu eins an die Empfänger weitergereicht werden.